Video-Zeichnung und Medienarchäologie

Zentraler Ausgangspunkt der Video-Zeichnungen sowie der animierten Kurzfilme ist der Materialwiderstand. Die Reibung des Materiellen im Immateriellen ist Betina Kuntzsch sowohl künstlerische Motivation als auch stilistischer Arbeitsgegenstand. Sie benutzt das Medium nicht wie einen Zeichenstift, sondern widmet High End Compositing-Programme für Linien- oder Partikel-Animationen um, collagiert und animiert gefundenes und eigenes Material. Angekratzte Laterna magica-Streifen (um die Wende zum 20. JH), von der Zeit gezeichnete Fotografien und Filme mit Verschleiß– und Auflösungsprozessen, die sich als Textur eingraben; Farb- und andere Verluste, digitale Artefakte, Halbbild-Strukturen, Video-Pixel oder Filmschmutz – das Rauschen im Getriebe wird zum erhellend ästhetischen Störfall, der unsere Wahrnehmung schärft.

In der Zeichnung materialisiert sich der Gedanke (die Idee); die Videokunst ist – zumal angesichts der Digitalisierung – immateriell. So gesehen ist Kuntzschs Kunst ein Paradox. Im Spannungsfeld der ältesten künstlerischen Ausdrucksform und einer jungen Kulturtechnik lotet die Künstlerin neue Wege zwischen Medienarchäologie und digitaler Zeitgenossenschaft aus.